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Rezension – Arnaldur Indriðason: Nordermoor

  • annieliebt
  • 6. März
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 27. Apr.

„Schummriges Oktoberlicht legte sich über die Stadt, und der Herbststurm peitschte den Regen gegen das Haus. Jemand hatte eine Lampe angemacht, die auf einem Tisch im Wohnzimmer stand und eine trübe Helligkeit verbreitete.“

Perfekt für stürmische Herbstabende: Ein düsterer Islandkrimi mit Tiefgang. Bild: KI - animiert
Perfekt für stürmische Herbstabende: Ein düsterer Islandkrimi mit Tiefgang. Bild: KI - animiert

Mit dieser Szene beginnt ein Roman, der einem sofort unter die Haut geht – düster, rätselhaft, nordisch. Nordermoor ist kein Krimi, den man nebenbei liest. Es ist ein Buch, das einen mitnimmt in ein Island, das jenseits von Postkartenromantik liegt: melancholisch, grau, voller Geheimnisse.


Begeht man auf Socken einen Mord?


Ein Mann wird tot in seiner Wohnung gefunden – seltsam friedlich, fast schlafend. Doch der Eindruck täuscht. Kommissar Erlendur wird mit einem Fall konfrontiert, der weit in die Vergangenheit zurückreicht und gleichzeitig das Jetzt auf erschreckende Weise berührt. Der Tote war kein angenehmer Mensch, seine Vergangenheit voller Grauzonen. Warum liegt ein Foto eines Kindergrabes in seiner Wohnung? Wer war dieses kleine Mädchen, das mit nur vier Jahren starb?

Die Spuren führen Erlendur tief hinein in eine alte Tragödie – und in ein Netz aus Lügen, Korruption, Schmerz und Schuld. Mit leiser, aber eindringlicher Sprache gelingt es Indriðason, ein Puzzle zu legen, dessen Teile langsam und beinahe beiläufig zueinanderfinden.


Ist das nicht ein typisch isländischer Mord?


Wenn es so etwas wie einen „typisch isländischen Mord“ gibt, dann ist es dieser: still, voller Schmerz, tief verwurzelt in der Vergangenheit – und mit einem Täter, der ebenso sehr Opfer ist. Indriðason nutzt die isländische Landschaft nicht nur als Kulisse, sondern fast als Figur. Das Moor, der Regen, das Schweigen – alles spricht.


Der Ermittler Erlendur ist kein strahlender Held. Geschieden, entfremdet von seinen drogenabhängigen Kindern, voller Zweifel. Aus den Ostfjorden stammend, trägt er seine eigene Geschichte wie eine Last mit sich. Besonders berührend: Seine Begegnungen mit seiner Tochter, deren wechselhaftes Verhalten ihn überfordert – und dennoch gibt es zarte, leise Annäherung.

Erlendur gräbt nicht nur im Leben des Opfers, sondern auch in den Schichten seiner eigenen Vergangenheit. Eine vergrabene Vergewaltigung, ein Ex-Polizist, der wegsah, eine exhumierte Leiche – das ist kein Krimi mit Actionfeuerwerk, sondern ein psychologisches Kammerspiel. Und doch spannend bis zum Schluss.


Das Heute ist ein blöder Troll


„Das Heute ist ein blöder Troll /

Den Kopf mit nichts als Leere voll /

Das Herz in eisigem Guss /

Das Hirn auf freiem Fuß“


– dieser düstere Vers bringt auf poetische Weise das Gefühl auf den Punkt, das viele Figuren des Romans durchzieht. Verlorenheit, Orientierungslosigkeit, aber auch eine Ahnung von Wahrheit, die irgendwo unter der Oberfläche schlummert.


Einige Szenen wirken fast traumartig: Ein Deja-vu, das keins ist. Ein verschwundener Mann, ein Presslufthammer, ein Ring im Moor. Ein Gehirn, das fehlt. Eine Frau, die ihre eigene Hochzeit verlässt. All das spinnt sich zu einer Geschichte, die nicht laut, aber tief ist – und lange nachhallt.


Fazit

Nordermoor ist ein Krimi für Leserinnen und Leser, die mehr suchen als Spannung: Atmosphäre, psychologische Tiefe, das Gefühl, durch Regen und Wind zu gehen – Seite an Seite mit einem gebrochenen, aber unbeirrbaren Ermittler. Ideal für lange, regnerische Abende mit einer Decke, einem heißen Tee und der Gewissheit, dass Island selten so düster schön war wie in diesem Buch.


Eure Annie

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